Wir bewegen uns in vielen Teilen der Welt mit großen Schritten auf Weihnachten zu. Dieses Fest weckt oft warme Erinnerungen: Düfte, Lichter, gemeinsames Essen, vertraute Lieder. Gleichzeitig bringt es für viele Menschen Stress, hohen Erwartungsdruck, Konsumthemen und Begegnungen mit Menschen, die man sonst selten sieht. Gefühle von Einsamkeit, Unsicherheit oder auch das Fehlen oder Vorhandensein von sozialen wie ökologischen Teilhabechancen von Menschen treten rund um die Feiertage oft besonders deutlich hervor.
Für manche wird das „Fest der Liebe und Familie“ dadurch eher zum inneren Spießrutenlauf und immer wieder höre ich in meinen Begleitungen: „Ich bin froh, wenn es vorbei ist und ich wieder zur Ruhe komme.“ Wir freuen uns also auf Weihnachten und erleben gleichzeitig innere Anspannung. Wie kann Beides zugleich bestehen?
In meiner Ausbildung in der neurosystemischen Integration achten wir bewusst auf den unversehrten, „ressourcigen“ Anteil (Ressource) und der Selbstwirksamkeit in jedem Menschen. Denn jedes Gefühl/Wahrnehmung – angenehme wie unangenehme – hat eine biologische Grundlage in unserer Neurobiologie. Nichts, was wir wahrnehmen, ist zufällig. Auch wenn wir im Moment unser Erleben vielleicht gerade nicht verstehen können, helfen uns neuronale Netzwerke und unser Nervensystem fortwährend dabei, unsere Umgebung einzuschätzen, potenzielle Gefahren zu erkennen und Maßnahmen zu generieren, damit wir wieder „in Sicherheit“ sind – kurz „zu überleben“.

Vielleicht fragst du dich: Wie passt Weihnachten zu einem Wort wie „Überleben“?
Sicherheit – innerlich wie äußerlich – bildet die Basis für Halt, innere Balance und Verbundenheit – mit uns und der Welt und unserem Umgang mit Stress. Eigene Prägungen im Erleben von (Un)Sicherheit im Leben sind dabei zentraler als gegenwärtige Situationen. Wenn unser Stammhirn im Autopiloten Reaktionen von Flucht, Kampf oder Erstarren aktiviert, befinden wir uns im Überlebensmodus. Dieser ist grundsätzlich sinnvoll, kann aber gerade in der emotional aufgeladenen Weihnachtszeit rasch anspringen: z.B. Reaktionen auf Geschenke, Kommentare von Verwandten, alte Geschichten, unerfüllte Hoffnungen und Wünsche – Vieles kann Trigger berühren, die wir oft gar nicht bemerken, die uns aber tief bewegen und berühren.
Trigger sind wertvolle Hinweise und wunderbare Helfer – und gleichzeitig unangenehm, weil sie Themen in uns zeigen, die noch nicht stimmig integriert werden konnten. Das limbische System im Gehirn mag keine Veränderungen; es liebt Routinen, die Sicherheit geben. Werden schmerzhafte Erinnerungen aktiviert, reagiert es stark, und bei Verstärkung setzen die Überlebensreaktionen wieder ein. Erst unser lt. Forschung jüngster Gehirnteil, der Neocortex, ermöglicht es uns, u. a. komplex zu denken, Gefühle, Emotionen und Überlebensreaktionen auf Stressoren zu übersetzen, von anderen zu lernen, kreativ zu sein und Impulse zu steuern. Und wir können als einziges Säugetier (Mensch) unsere eigene Identität differenzieren und über uns und Andere reflektieren (siehe auch McLean, 1990, „Das Dreieinige Gehirn“). Es braucht also Herz und Hirn, um stimmig und selbstwirksam Mensch zu sein und unsere eigene Kraft und Energie auf uns wichtige und wertvolle Intentionen im Leben zu richten. Großartig dabei: unser Gehirn verliert zeitlebens nicht die Fähigkeit, Nervenzellen miteinander zu vernetzen, zu lernen (Neuroplastizität).

Wie können wir also bewusster und wohlwollender mit unseren natürlichen neurobiologischen Abläufen umgehen – für mehr innere Stimmigkeit und Frieden?
- Jede und Jeder von uns sucht (und braucht) auf unterschiedlichen Ebenen fortwährend nach „SICHERHEIT“ (körperlich, psychologisch, mental) – blicken wir mit Wohlwollen (Herz) und Verständnis (Hirn) auf uns und Andere bei unseren Reaktionen
- Unser Gehirn folgt einer natürlichen Hierarchie: Überleben – Fühlen – Denken. Erinnern wir uns gegenseitig daran, welcher Teil gerade aktiv ist, und wie wir einander Sicherheit schenken können.
- Wir müssen nicht einverstanden sein mit allem, was da ist. Aber wir können im ersten Schritt wählen, es im Moment stehen zu lassen, ohne zu bewerten. So entsteht mit Herz und Hirn Verbundenheit – unter dem Weihnachtsbaum und darüber hinaus
- Seien wir liebevoll zu uns selbst. Nicht das perfekte Essen, die größten Geschenke oder das Gewinnen einer Diskussion machen Weihnachten aus – es ist deine ganz persönliche Essenz/Strahlen und (Hinschauen) das Lernen in deinem Tempo
- Suche und Finde das Glitzern (Ressourcen und Potenzial) bei dir und in deinem Gegenüber – die kleinen Diamanten, die vielleicht bisher noch unentdeckt blieben; Entdecken wir sie, glitzert und strahlt alles rundherum noch heller.
Ganz in diesem Gefühl und der Verbundenheit mit Dir, wünsche ich Dir eine schöne Adventszeit und viele bewusste, bewegende Momente miteinander.
Entdecken wir achtsam und stimmig gemeinsame Deine ganz persönlichen Ressourcen und Talente! Melde Dich gerne bei mir. Ich freue mich auf Dich!
Alles Liebe und bis bald
Lasse mir gerne auch deine Gedanken zum Text zukommen.
Literaturtipp:
Diverse Bücher von Verena König
P.D. McLean (1990): The Triune Brain in Evolution. Plenum Publishing Co.,N.Y. (Verlag)

